Die Fähigkeit unseres Farbsehens, die uns erlaubt, Mischfarben als reine Farben wahrzunehmen – also Farbreproduktionen durch Zusammensetzungen von Grundfarben zu erzielen, ist auch für Metamerie (metamerism) verantwortlich, die man nicht haben will. Metamere Farben sind solche, die in unterschiedlichen Beleuchtungssituationen einmal gleich und einmal unterschiedlich aussehen. Wie kommt das?
Durch das trichromatische Prinzip unseres Sehsinnes wird die spektrale Verteilung einer Farbe nur an Hand der effektiven Maxima der drei Farbrezeptoren im Auge erfasst (siehe: Farbsehen). Diese Reizkombination kann trotz unterschiedlicher spektraler Verteilung zweier Farben in der Wahrnehmung identisch ausfallen. Dadurch erst können »reine« Farben, also solche, die nur aus wenigen Wellenlängen bestehen, mit Hilfe von Mischfarben reproduziert werden. Dieser Trick funktioniert mit Lichtfarben (Selbstleuchtern) sehr zuverlässig.
So kann bei der additiven Farbmischung beispielsweise ein und der selbe Türkis-Eindruck auf zwei Arten zu Stande kommen. In einem Fall dadurch, dass tatsächlich nur »türkise Wellenlängen« das Auge erreichen (=Spektralfarbe), im andern Fall aber ebendiese Wellenlängen kaum oder gar nicht vorhanden sind, dafür aber blaue und grüne (=Mischfarbe). In beiden Fällen sieht das Auge das gleiche, weil in beiden Fällen sowohl die »Blau-Rezeptoren« als auch die »Grün-Rezeptoren« der Netzhaut in gleichem Maß gereizt werden.
Kommen Farben aber dadurch zu Stande, dass sie reflektierte oder transzendierte Anteile auftreffenden Lichtes sind (siehe: Subtraktive Farbmischung), hängt das Ergebnis der Lichtremission oder Transmission (also das, was das Auge erreicht) von der spektralen Zusammensetzung der Beleuchtung (Umgebungslicht) und dem Absorptionsverhalten der Farbe ab. Beinhaltet die beleuchtende Lichtart z.B. genau jene Wellenlängen nur in geringem Maß, die von der Farbschicht reflektiert bzw. transzendiert werden, ist die resultierende Gesamtintensität gering – die Farbe ist dunkler, als sie unter einer Beleuchtung (wie z.B. Tageslicht) wäre, die alle Wellenlängen beinhaltet.
Ein Extrembeispiel für Metamerie ist unter dem Licht einer Natriumdampflampe beobachtbar. Solche Lampen (man kennt sie aus der Straßenbeleuchtung) haben ein Lichtspektrum, das praktisch nur gelb-oranges Licht beinhaltet. Im Licht einer Natriumdampflampe gleicht ein gelbes Auto farblich einem weißen – sowohl Weiß als auch Gelb reflektieren das Licht der ND-Lampe vollständig. Gleichzeitig ist ein blaues Auto von einem schwarzen hier nicht unterscheidbar.
Metamerie ist mit Color Management (wie es bis dato funktioniert) nicht handhabbar, weil sie durch Spektralverteilungsdifferenzen entsteht. Color Management arbeitet aber vornehmlich mit Mischfarben, deren spektrale Gesamtverteilung sich nur durch Variation der Intensitäten der Grundfarben beeinflussen lässt. Die jeweiligen Grundfarben selbst sind aber unveränderliche Teile der Farbmodelle, denen sie zugehören (RGB, CMYK, etc.). Digitale Farbbehandlung an Hand permanent vorliegender Spektralverteilungs-Informationen wäre zwar denkbar, würde aber in der Praxis nicht viel bringen, denn Metamerie wäre damit zwar am Monitor simulierbar, dagegen unternehmen könnte man aber trotzdem nichts. Insofern ist Metamerie im Kontext von Color Management nur relevant, wenn es um die Wahl des Umgebungslichtes des Arbeitsplatzes geht: Dieses sollte nämlich ein möglichst ausgewogenes Lichtspektrum besitzen (z.B. D50-Normlichtquelle).
Gleicher Farbeindruck unter tageslichtähnlicher Lichtart D65 (links):
Unter Lichtart A (Mitte) erscheint die obere Blechhälfte röter, unter Lichtart TL84 (rechts) die untere Blechhälfte